TICKENDE ZEITBOMBE

Aneurysma

Die krankhafte Vergrößerung der Hauptschlagader spürt man meist nicht und das kann lebensgefährlich sein.

Der Schriftsteller Thomas Mann und der Physiker Albert Einstein haben etwas gemeinsam: Sie sind beide an den Folgen eines Aneurysmas gestorben. Bei einem Aneurysma handelt es sich um eine sackartige, krankhafte Vergrößerung der Hauptschlagader (Aorta), die ganz plötzlich einreißen oder platzen kann. Je nach Größe der Öffnung kann man innerhalb kurzer Zeit verbluten. „Vorwiegend erleiden Männer diese Krankheit. Meist ist die Hauptschlagader im unteren Bereich des Bauches betroffen, oft auch im Brustbereich, etwas seltener können Blutgefäße im Gehirn sich vergrößern und platzen“, sagt Chefarzt Dr. Thomas Schmandra, Gefäßchirurg am RHÖN-KLINIKUM Campus Bad Neustadt.

Wie kann man ein Aneurysma erkennen?

Da man die krankhafte Vergrößerung der Aorta in der Regel nicht bemerkt, ist die Erkennung oftmals ein Zufallsbefund. Im Rahmen einer routinemäßigen Vorsorgeuntersuchung entdeckt der Arzt im Ultraschall diese sackartige Verdickung. Weniger als drei Zentimeter sollte der Durchmesser der Hauptschlagader des Bauches betragen. Mit einem vergrößerten Durchmesser steigt auch das Risiko, dass die Hauptschlagader platzt – der Arzt spricht hier von einer „Ruptur“. Vorwiegend sind Männer ab einem Alter von etwa 65 Jahren betroffen, die an einer Gefäßverkalkung (sogenannte pAVK) leiden, sowie Raucher, Menschen mit zu hohem Blutdruck, aber gelegentlich auch Personen mit speziellen Veranlagungen: Gab es in der Familie schon häufiger ein Aneurysma, sollte man deshalb unbedingt mit seinem Arzt sprechen. Gefährdet sind ebenfalls Menschen mit einem schwachen Bindegewebe (z. B. beim Ehlers-Danlos-Syndrom) beziehungsweise hochgewachsene Patienten mit einem Marfan-Syndrom. Weitere Gründe für ein Aneurysma sind die Folgen eines Auffahrunfalls, eine Infektion in der Arterienwand oder eine Entzündung, zum Beispiel als Folge einer Arteriosklerose. Dr. Schmandra schätzt, dass sich allein in Deutschland rund 35.000 ältere Männer wegen eines Aneurysmas operieren lassen müssten.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Ab einem Durchmesser von mehr als 5,5 Zentimeter sollte man ein Aneurysma der Hauptschlagader operieren, entweder klassisch, also durch Öffnen des Bauchraumes, oder minimalinvasiv mittels Kathetertechnik. Die offene Operation kann man sich wie eine Reparatur eines defekten Gartenschlauches vorstellen: Zuerst wird der Bereich oberhalb der schadhaften Stelle abgeklemmt, danach der untere. Dann wird die sackartige Verdickung aufgeschnitten und eine Prothese, eine Art Ersatzschlauch, von Hand eingenäht und so der ausgesackte Anteil ersetzt. Aber nicht alle Patienten können so operiert werden, da durch die Abklemmung bedingt der Blutdruck im oberen Bereich des Körpers deutlich steigt und hierdurch während der Operation ein Schlaganfall oder auch ein Herzversagen drohen kann. Am RHÖN-KLINIKUM Campus Bad Neustadt hat sich deshalb die minimalinvasive Methode durchgesetzt. Sie wird in mehr als 75 Prozent der Fälle angewendet. „Beim sogenannten Schlüsselloch-Verfahren schieben wir mit einem Katheter einen Stent an die erkrankte Stelle und setzen ihn frei. Dabei muss diese Prothese etwas größer sein als das vorhandene Blutgefäß, um eine gute Abdichtung zu gewährleisten“, sagt Dr. Schmandra. Zwar muss beim Patienten nach dem minimalinvasiven Eingriff regelmäßig kontrolliert werden, ob der Stent dicht hält. Doch die Vorteile dieser Methode überwiegen: Die Schlüsselloch-OP ist wesentlich risikoärmer. Der RHÖN-KLINIKUM Campus Bad Neustadt gehört bei der Behandlung des Aneurysmas zu den größten Kliniken in Deutschland. Mehr als 200 Eingriffe an der Hauptschlagader und ebenfalls mehr als 200 Operationen an der Halsschlagader werden hier in jedem Jahr veranlasst und durchgeführt. Insgesamt sind es, alle gefäßchirurgischen Eingriffe zusammengenommen, zwischen 2.000 und 2.400 jährlich. Das sei eine extrem hohe Expertise, wie Schmandra unterstreicht, der Mitglied im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin ist.

Wie kann man vorbeugen?

Wie bei vielen anderen Krankheiten auch ist eine gesunde Lebensführung der Schlüssel zur Verhinderung eines Aneurysmas. „In erster Linie sollte man einer arteriellen Verschlusserkrankung vorbeugen, mit dem Rauchen aufhören, den Blutdruck normalisieren, den Fettstoffwechsel beobachten, den Blutzucker korrekt einstellen, sich körperlich bewegen und sich regelmäßig untersuchen lassen. Letzteres gilt besonders für Männer ab dem 65. Lebensjahr“, rät Dr. Schmandra und weist darauf hin, dass eine Vorsorgeuntersuchung mit Ultraschall völlig schmerzfrei erfolge und mittlerweile von der Krankenkasse bezahlt werde.

KONTAKT Klinik für Gefäßchirurgie Chefarzt PD Dr. med. Thomas C. Schmandra Tel. 09771 66 23460 Nachricht schreiben