Heilkraft der Bäume

Durch Corona haben viele Waldspaziergänge für sich entdeckt. Damit tun sie instinktiv genau das Richtige. Denn der Wald ist wohltuend für die Seele und gut für die Gesundheit.

Gleich vorweg: Eine Badehose braucht man dafür nicht – obgleich es der Begriff vermuten ließe. Beim sogenannten Waldbaden schwimmt man nicht in einem Waldsee, sondern taucht ein in die Natur des Waldes. Der Weg, der Waldspaziergang selbst, ist das Ziel. Die Ursprünge liegen in Japan, wo das „Shinrin Yoku“, das „Baden in der Waldluft“, seit Jahrzehnten praktiziert wird. Dort ist Waldmedizin ein fester Bestandteil von Gesundheitsversorgung und Forschung. Aber auch hierzulande entdecken immer mehr Menschen die wohltuende Heilkraft der Bäume. Das Schöne: In Deutschland steht uns viel Wald zur Verfügung. Ein Schatz, den man kostenlos und jederzeit nutzen kann – auch und gerade in Corona-Zeiten. Ruhepol und Inspirationsquelle Kaum ein Ort in der Natur löst mehr Sehnsucht aus als der Wald – und das seit Jahrhunderten. Als romantischer Topos beflügelte er Literaten und Künstler aller Epochen. Der Wald ist einer der letzten Ruhepole in unserer hektischen Welt. Wer gerne in den Wald geht, weiß, wie gut so ein Besuch tut. Man kann abschalten, genießt die Natur und kommt entspannt zurück, nachdem alle Sinne verwöhnt wurden: Die Augen mit Landschaftsbildern, die Nase durch den Geruch von Laub und Tannennadeln, die Ohren durch das Hämmern des Spechts und das Knacken morscher Zweige, die Hand von weichem Moos und harter Baumrinde, die Lunge von frischer Luft, die man schmecken kann. Waldspaziergang auf Rezept? Was aber ist dran an der präventiven und therapeutischen Wirkung des Waldbadens? Dr. Jörn Weymann, Chefarzt des Ambulantes OP-Zentrum am RHÖN-KLINIKUM Campus Bad Neustadt, ist überzeugt, dass sich allein die Luftqualität erheblich auf die Gesundheit der Atemwege auswirkt: „Studien zeigen, dass sich eine Wanderung im Wald positiver auf die Lungenfunktion auswirkt als eine Wanderung in der Stadt“, so der Anästhesist, der sich mit Lungenerkrankungen jahrelang in Klinik und Forschung auseinandergesetzt hat.


„Denn in den Wäldern sind Dinge, über die nachzudenken man jahrelang im Moos liegen könnte.“

Franz Kafka

Kein Wunder: Waldluft enthält sage und schreibe 90 Prozent weniger Staubteilchen als Stadtluft. Schadstoffarme Luft lässt unsere Lungen erwiesenermaßen langsamer altern. Aber auch bei bestehenden Lungenerkrankungen sind Aufenthalte im Wald empfehlenswert: „Pointiert gesagt ist ein Waldspaziergang hier eine rationale Therapie“, sagt Dr. Weymann. Auch Entzündungsbotenstoffe werden in der Lunge vermehrt ausgeschüttet, wenn die Luft mit Schadstoffen belastet ist. „Im Moment besteht durch die Covid-19-Pandemie ein erhöhtes Risiko für eine akute Lungen­erkrankung. Wer sich in dieser Phase für einen ausgedehnten Waldspaziergang entscheidet, tut also intuitiv genau das Richtige“, so Dr. Weymann weiter.

Neben der Feinstaubfilterung scheint der Wald noch viele weitere Effekte auf unsere Gesundheit zu haben: Was bewirken z. B. die Substanzen, die der Wald freisetzt, und die wir beim Waldspaziergang einatmen? Warum lässt anscheinend schon der Anblick eines Baums Kranke schneller gesund werden? Und wie viel Zeit im Wald ist nötig, um seine Heilwirkung optimal nutzen zu können? Hier haben „Waldforscher“ noch vieles zu entdecken. Doch uns stört das nicht: Wir genießen weiter die Ruhe im Wald und lassen uns von dem grünen Wellnesswunder rundum verwöhnen.

KONTAKT Ambulantes OP-Zentrum Chefarzt Dr. med. Jörn Weymann Tel. 09771 66 28100